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Genetischer Fingerabdruck gibt Auskunft über die Herkunft von Saatgutbeständen

Waldklimafonds-Projekt entwickelt neues Testverfahren zur Herkunftsbestimmung von forstlichem Vermehrungsgut in Europa

Das Thünen-Institut ging in dem Vorhaben „HERKUNFT“ der Frage nach, ob Saatgutbestände aus heimischem oder ortsfremdem Vermehrungsgut entstanden sind. Diese Information ist wichtig, um die Klimaanpassung des daraus gewonnenen Saatguts einzuschätzen. Als Grundlage der Forschung dienten Untersuchungen mittels Gen-Marker, anhand derer sich die genetische Ähnlichkeit der Bäume abschätzen ließ. Die Ergebnisse des Projektes, das von den Bundesministerien für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und für Umwelt, Naturschutz nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) gefördert wurde, und insbesondere die dafür entwickelten Gen-Marker finden in der vierten Bundeswaldinventur (BWI 4) Anwendung.

Die forstwirtschaftliche Vergangenheit Deutschlands ist geprägt durch Pflanzung und Saat. In Deutschland wird das Saatgut für zukünftige Anpflanzungen hauptsächlich in ausgewählten Saatgutbeständen gewonnen. Das Wissen, woher das Vermehrungsgut der Elternbäume heutiger Saatgutbestände einst stammte, ist jedoch selbst bei zertifizierten Erntebeständen nicht immer bekannt und wurde bislang kaum genetisch überprüft. Diese ursprünglichen Herkünfte können aber Aufschluss darüber geben, wie gut die Saatgutbäume und ihre Nachkommen an die Standortbedingungen angepasst sind oder ob es sich um Risikobestände handelt. Weiterhin lassen sich über die Herkünfte Aussagen zur potenziellen Klimaanpassung der Bäume treffen.

Das Waldklimafonds-Projekt „HERKUNFT“ ging dieser Fragestellung in den vier Jahren der Projektlaufzeit mittels genetischer Untersuchungen auf den Grund. Dabei identifizierten die Wissenschaftler für die genetische Inventur der vier untersuchten Baumarten Stieleiche, Traubeneiche, Rotbuche und Fichte zwischen 350 und 600 Einzelbasen-Polymorphismen (SNPs), die als Gen-Marker verwendet werden können. Mit Hilfe dieser Gen-Marker wurden insgesamt fast 10.000 Individuen der Baumarten in Deutschland und dem europäischen Ausland auf ihre genetische Ähnlichkeit untersucht. Neu an der Methode ist die Menge der Gen-Marker und damit die Genauigkeit, mit der sich genetische Ähnlichkeiten messen lassen: Standardmäßig wurden bislang lediglich 20 Gen-Marker für Untersuchungen dieser Größenordnung verwendet.

Die Ergebnisse der genetischen Untersuchungen zeigten für die Eichenarten und die Buche ein ausgeprägtes räumliches Muster über mehrere hundert Kilometer, bei dem mit zunehmendem geographischem Abstand der genetische Unterschied der Bäume zunahm. Dieses Muster ist typisch für autochthone (gebietsheimische) Baumbestände und die Voraussetzung für die genetische Zuordnung von fraglichem Vermehrungsgut zum Ursprungsgebiet. Bei den Fichten zeigte sich dieser Trend in Deutschland wegen des starken Saatguttransfers durch den Menschen in der Vergangenheit nicht, wohl aber im östlichen Teil ihres natürlichen Verbreitungsgebiets – wie Schweden, Finnland, die baltischen Staaten und Westrussland.

Für alle vier Baumarten fanden die Wissenschaftler zwischen 14 und 25 Prozent Saatgutbestände, die sich aufgrund ihrer genetischen Unterschiede als gebietsfremd einordnen ließen. Bei diesen Beständen ist das Risiko einer schlechten standörtlichen Anpassung gegebenenfalls hoch, weswegen sie ohne nähere Untersuchungen nicht mehr als Saatgutbestände verwendet werden sollten. Bei den Eichenbeständen konnten zudem Aussagen getroffen werden, aus welcher Region Europas das Ausgangsmaterial ursprünglich stammte.

Eine weitere Saatgut-relevante Information lieferten die genetischen Daten zu den Eichenarten. So zeigte sich, dass es bei den Stieleichen bei 8 Prozent und bei den Traubeneichen bei 15 Prozent der Fälle zu einer Verwechselung der Eichenart gekommen war. Da sich die Eichenarten bei ihren Standortansprüchen unterscheiden, ist eine exakte Artzuordnung – auch im Hinblick auf die zukünftigen klimatischen Änderungen – unerlässlich.

Die Ergebnisse dienen als Empfehlungen zur Auswahl und weiteren Verwendung von Saatgutbeständen und wurden den forstlichen Versuchsanstalten der Bundesländer weitergegeben, um in identifizierten gebietsfremden Beständen die Wüchsigkeit und Vitalität der Bestände näher zu untersuchen oder diese Saatgutbestände im Zweifel aus der Nutzung zu nehmen.

Bei der vierten Bundeswaldinventur (BWI 4) werden ebenfalls die in dem Projekt entwickelten Gen-Marker zur genetischen Auswertung verwendet. Dr. Bernd Degen, Projektleiter und Leiter des Instituts für Forstgenetik am Thünen-Institut, geht davon aus, dass die Ergebnisse des Vorhabens zu der Herkunft der Saatgutbestände und des genetischen Musters dabei bestätigt werden, sich jedoch die Genauigkeit durch die höhere räumliche Auflösung nochmal deutlich verbessert.

 

Weiterführende Informationen:

Herkunft - Neues Testverfahren zur Bestimmung der Herkunft von forstlichem Vermehrungsgut in Europa - Ein Beitrag zur Sicherung der Anpassung an den Klimawandel

Hintergrund:

Der Waldklimafonds wurde im Juni 2013 als Bestandteil des Energie- und Klimafonds gemeinsam von BMEL und BMUV aufgelegt.

Die FNR ist seit 1993 als Projektträger des BMEL für das Förderprogramm Nachwachsende Rohstoffe aktiv. Sie unterstützt seit 01.01.2019 als Projektträger auch Vorhaben der Förderrichtlinie Waldklimafonds.

Ansprechpartner:
Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V.
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Tel.: +49 3843 6930-344
Mail: m.schuetze(bei)fnr.de

Pressekontakt:
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PM 2023-10

Probenahme von Nadeln einer Fichte für die genetische Analyse im Labor. Anhand von über 350 Gen-Markern wurde diese Fichte auf ihre genetische Ähnlichkeit mit anderen Fichten in Deutschland und dem europäischen Ausland und damit auf ihre Herkunft untersucht. Foto: Dr. Bernd Degen, Thünen-Institut

Probenahme von Nadeln einer Fichte für die genetische Analyse im Labor. Anhand von über 350 Gen-Markern wurde diese Fichte auf ihre genetische Ähnlichkeit mit anderen Fichten in Deutschland und dem europäischen Ausland und damit auf ihre Herkunft untersucht. Foto: Dr. Bernd Degen, Thünen-Institut

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